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Kirchengericht:Revisionssenat der Evangelischen Kirche A. und H.B.
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:06.04.2006
Aktenzeichen:R5/2005
Rechtsgrundlage:§ 6 Abs 1 WahlO
Vorinstanzen:keine
Schlagworte: Anfechtung einer Wahl (Art 119 Abs 3 KV), Briefwahl, Ordnungswidrigkeit, Relevanz, Wahlergebnis
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Leitsatz:

  1. Die behauptete Ordnungswidrigkeit muss geeignet sein, dass Wahlergebnis zu beeinflussen; andernfalls ist die Wahlanfechtung nicht begründet (§ 6 Abs 1 WahlO).
  2. Führt selbst die Nichteinbeziehung aller Briefwahlstimmen zu keiner Änderung des Wahlergebnisses, liegt keine „sonstige grobe Ordnungswidrigkeit“ der Wahl vor (§ 6 Abs 1 WahlO).
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Az: R5/2005
Der Revisionssenat der Evangelischen Kirche A.u.H.B. in Österreich hat durch seinen Präsidenten HRdOGH Dr. Manfred Vogel als Vorsitzenden und durch PräsdLG Dr. Hans-Peter Kirchgatterer sowie SPdVwGH Dr. Ilona Giendl als rechtskundige Mitglieder und der zum geistlichen Amt befähigten Mitglieder, Pfarrer Mag. Beowulf Moser und Pfarrer i.R. Mag. Gottfried Fliegenschnee, im Beisein der Schriftführerin Trimmel über die Anfechtung der *****, *****, *****, betreffend die Wahl des Presbyteriums der ***** am 2.10.2005 in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
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Die Anfechtung wird als unbegründet abgewiesen.
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B e g r ü n d u n g :

Die Beschwerdeführerin ist Mitglied der ***** und zur Presbyter-Wahl in dieser Gemeinde wahlberechtigt. Mit der am 13.10.2005 beim Revisionssenat eingelangten Eingabe ficht sie die Presbyter-Wahl am 02.10.2005 an. Als Anfechtungsgrund macht sie geltend, dass in denen an alle Wahlberechtigten zugeschickten Kuverts ein an die ***** adressiertes Kuvert ohne vorgedruckten Absender und ein Stimmzettel enthalten gewesen seien; richtigerweise hätten zwei Kuverts in diesem Umschlag an die Wahlberechtigten versandt werden müssen, nämlich eines, das an die Gemeinde adressiert ist und den jeweiligen konkreten Absender trägt und ein Blankokuvert, in welches der Stimmzettel gegeben werden sollte. Dieses Blankokuvert habe gefehlt; somit sei es nicht nachvollziehbar, welcher Wahlberechtigte tatsächlich korrekterweise seine Stimme abgegeben habe. Ob überhaupt eine Liste jener Wahlberechtigten, die ihre Stimme berechtigterweise abgegeben haben, vorliege, sei „äußerst fragwürdig und dahingestellt“.
In seiner Stellungnahme führte der vom Oberkirchenrat A.B. zum Wahlleiter bestellte ***** zu den Wahlanfechtungsgründen aus:
Gemeinsam mit der Pfarrerin und der Anfechtungswerberin habe er am 05.09.2005 das Verzeichnis der Wahlberechtigten erstellt, wobei Änderungen bis 20.09.2005 möglich gewesen seien. An die letztlich 45 Wahlberechtigten habe er das Wahlformular versandt, ohne jedoch ein „Blankokuvert“, wie von der Anfechtungswerberin bezeichnet, anzuschließen. Neun Stimmzettel seien per Briefwahl eingelangt, davon haben fünf keinen Absender aufgewiesen; selbst wenn man diese fünf Stimmzettel nicht beachten würde, läge keine Ordnungswidrigkeit vor, die die Wahl beeinflusst hätte.
Aus dem Wahlprotokoll ergibt sich, dass 45 Personen wahlberechtigt waren, 25 Stimmen, davon neun in Briefwahl abgegeben wurden, ein Stimmzettel ungültig war und auf vier der Kandidaten 24 und zwei der Kandidaten 23 Stimmen fielen. Alle sechs Kandidaten wurden daher als gewählt festgestellt. Im Wahlakt findet sich ein Verzeichnis der Wahlberechtigten, auf denen 19 Personen mit „W“ gekennzeichnet sind.
Über die Wahlanfechtung wurde erwogen:
Gemäß § 6 Abs. 1 Wahlordnung kann die Wahl angefochten werden, wenn diese von einem unzuständigen Wahlkörper vorgenommen wurde, wenn Wahlbestechung oder Wahlumtriebe stattfanden, oder wenn sich sonstige grobe Ordnungswidrigkeiten ereigneten, die das Ergebnis der Wahl beeinflusst haben.
Gemäß § 7 Abs. 2 Wahlordnung ist die Anfechtungswerberin zur Wahlanfechtung berechtigt; gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung ist die Wahlanfechtung rechtzeitig.
Zu prüfen bleibt, ob das als Ordnungswidrigkeit geltend gemachte Unterlassen des Mitsendens eines Blankokuverts für den Stimmzettel und die fehlende Absenderbezeichnung am Rücksendekuvert das Ergebnis der Wahl beeinflusst hat.
§ 3 Abs. 1 Wahlordnung bestimmt, dass jener Wahlanwärter gewählt ist, welcher mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen erhalten hat. Bei der angefochtenen Wahl wurden 25 Stimmen abgegeben, mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen sind 13. Die gewählten Kandidaten erreichten 24 bzw. 23 Stimmen. Bei Nichteinrechnung von neun mit Briefwahl abgegebenen Stimmen hinsichtlich jedes Kandidaten ergeben sich 15 bzw. 14 Stimmen für die einzelnen Wahlanwärter. Das bedeutet aber, dass selbst die Nichteinbeziehung aller Briefwahlstimmen zu keiner Änderung des Wahlergebnisses führen würde.
Die Wahlanfechtungswerberin kann somit keine „sonstigen groben Ordnungswidrigkeiten“ dartun, die das Ergebnis der Presbyter-Wahl beeinflusst haben. Ihre Wahlanfechtung erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 44 Abs. 7 KVO in Verbindung mit Art. 121 Abs. 2 KV in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.
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Wien, am 6.4.2006
HRdOGH Dr. Manfred Vogel e.h.
Präsident