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Kirchengericht:Revisionssenat der Evangelischen Kirche A. und H.B.
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:05.09.2018
Aktenzeichen:R5/2018
Rechtsgrundlage:§ 31 Abs 1 KVO
Vorinstanzen:keine
Schlagworte: Beschwerde gegen Bescheide und Maßnahmen wegen Gesetzwidrigkeit oder Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers (Art 119 Abs 1 Z 6 u. 7 u. 10 KV; Art 119 Abs 2 zweiter Fall KV), Erfordernisse eines Bescheids, Erledigung in Briefform, Nicht-Bescheid, innerkirchliches Verwaltungsverfahren
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Leitsatz:

Der Bescheidcharakter einer Erledigung im innerkirchlichen Verwaltungsverfahren ist daran zu messen, ob nach ihrem Inhalt eine normative Erledigung vorliegt und ein Bescheid zu erlassen war. Bringt die sprachliche Gestaltung der Erledigung einen normativen Inhalt nicht zweifelsfrei zum Ausdruck, liegt kein Bescheid vor. Ist eine Erledigung in Briefform verfasst und weder als Bescheid bezeichnet, noch bescheidmäßig gegliedert, ist diese Erledigung nicht als Bescheid zu qualifizieren.
Ein Nicht-Bescheid kann keine Rechtsfolgen nach sich ziehen (§ 31 Abs 1 KVO).
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Az: R5/2018
Der Revisionssenat der Evangelischen Kirche A. und H.B. in Österreich hat unter dem Vorsitz seines Präsidenten SPdOGH Dr. Manfred Vogel, die rechtskundigen Mitglieder SPdVwGH i.R. Dr. Ilona Giendl und Präsident des LG i.R. Dr. Hans-Peter Kirchgatterer sowie die zum geistlichen Amt befähigten Mitglieder Pfarrer i.R. Mag. Norbert Engele und Rektorin Mag. Johanna Uljas-Lutz im Beisein von Sandra Gajic als Schriftführerin,
über die Beschwerde des *****, vertreten durch Dax & Partner Rechtsanwälte GmbH, Graz, Münzgrabenstr. 94 Top 8, gegen die dem Evangelischen Oberkirchenrat A.B. zugeschriebene Erledigung vom 13. Juni 2018, Zl. 1109/18sd, betreffend Abberufung von der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. ***** und Neuzuteilung nach ***** und Springertätigkeit,
den
Beschluss
gefasst:
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Die Beschwerde wird mangels Vorliegens eines Bescheides zurückgewiesen.
Der Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, ist damit gegenstandslos geworden.
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B e g r ü n d u n g :

I.
Der Revisionssenat legt seiner Entscheidung folgenden aus der Aktenlage ersichtlichen Sachverhalt zu Grunde:
Mit am 13. 6. 2018 datierter (und laut Stempelaufdruck am selben Tag versendeter) Erledigung in Briefform mit dem Briefkopf „Evangelische Kirche in Österreich Oberkirchenrat A. B.“ teilt Oberkirchenrätin ***** dem Beschwerdeführer zur Zahl 1109/18sd nach der Anrede "Sehr geehrter Herr Pfarrer *****!" mit, dass der Evangelische Oberkirchenrat A.B. in seiner Sitzung vom 29. Mai 2018 den Antrag der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. ***** besprochen und zur Kenntnis genommen habe. Damit sei die Zuteilung des Adressaten zur Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. ***** ab 31. August 2018 hinfällig und dieser nicht mehr Pfarrer der genannten Gemeinde. Sein Dienstverhältnis mit der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich sei bis 31. August 2019 befristet; seine Tätigkeit ergebe sich ab 1. September 2018 aus „50% Pfarrgemeinde ***** und 50% ‚Springertätigkeit für die Superintendenz *****‘. Ich setze Ihr Einverständnis voraus." Ein neuer Amtsauftrag gelte ab 1. September 2018 und werde vom Superintendenzialausschuss erstellt werden.
Das Schreiben endet mit herzlichen Grüßen und Segenswünschen und ist von der Oberkirchenrätin unterfertigt. Die Erledigung ist nicht als Bescheid bezeichnet.
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II.
Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer erhob am 17. 7. 2018 (Tag des Einlangens beim Revisionssenat) Beschwerde gegen das als „Bescheid“ bezeichnete Schreiben vom 13. 6. 2018 und stützt diese auf Art. 119 Abs. 1 Z 6 KV und Art. 119 Abs. 1 Z 6 KV. Er erachte sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht, nicht ohne Einhaltung der Vorschriften des § 35 Ordnung des geistlichen Amtes - OdgA versetzt zu werden, verletzt. Er stellt den Antrag, der Revisionssenat möge den bekämpften Bescheid aufheben und das Verfahren an den Oberkirchenrat zur neuerlichen Entscheidung zurückverweisen.
Der Beschwerdeführer beantragt weiters, seiner Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
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III.
Der Revisionssenat hat rechtlich erwogen:
1. Der Revisionssenat erkennt gem. Art. 119 Abs. 1 Z 6 Kirchenverfassung - KV über Beschwerden gegen Bescheide kirchlicher Stellen nach Erschöpfung eines allfälligen Instanzenzuges wegen behaupteter Gesetzwidrigkeit sowie gem. Art. 119 Abs. 1 Z 9 KV ua in Dienstrechtsangelegenheiten nach den Bestimmungen der Ordnung des geistlichen Amtes - OdgA.
2. Gemäß § 31 Abs. 1 Kirchliche Verfahrensordnung - KVO sind Entscheidungen der nach § 19 KVO zuständigen Organe im Verwaltungsverfahren schriftlich als Bescheid zu erlassen.
Dies gilt insbesondere für auf § 35 OdgA (Veränderungen des Dienstverhältnisses) gestützte Entscheidungen: Gemäß § 35 Abs. 8 OdgA ist über die Versetzung bzw. Zuteilung mit Bescheid durch den zuständigen Oberkirchenrat zu erkennen.
Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten (§ 31 Abs. 4 KVO).
3. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Bescheidcharakter einer Erledigung daran zu messen, ob nach ihrem Inhalt eine normative Erledigung vorliegt und die Behörde nach der anzuwendenden Rechtslage einen Bescheid zu erlassen hatte (22.12.2009, 2009/08/0064). Bringt die sprachliche Gestaltung der behördlichen Erledigung einen normativen Inhalt nicht zweifelsfrei zum Ausdruck, liegt kein Bescheid vor (6.10.2010, 2008/19/0527). Ist eine Erledigung in Briefform verfasst und weder als Bescheid bezeichnet noch bescheidmäßig gegliedert, ist diese Erledigung nicht als Bescheid zu qualifizieren (15.11. 2006, 2006/12/0067; vgl auch 22.1.2009, 2008/21/0609).
4. Diese Grundsätze sind auf das innerkirchliche Verwaltungsverfahren übertragbar. Im Lichte dieser Rechtsprechung kann das vom Beschwerdeführer bekämpfte Schreiben nicht als Bescheid beurteilt werden:
Dies ergibt sich bereits formal aus der gewählten Briefform sowie dem Fehlen jeder bescheidmäßigen Gliederung und einer Rechtsmittelbelehrung.
Dazu kommt weiters als inhaltlicher Aspekt das Fehlen einer normativen und von der zuständigen Behörde angeordneten Erledigung. Aus dem Satz "Ich setze Ihr Einverständnis voraus" geht nämlich einerseits hervor, dass die Angelegenheit noch nicht abschließend geregelt ist, weil das Vorliegen der Zustimmung des Beschwerdeführers nicht festgestellt und offen gelassen wurde, welche Konsequenzen ein Widerspruch des Beschwerdeführers hätte. Andererseits ergibt sich aus dieser Formulierung, dass ausschließlich die unterfertigte Oberkirchenrätin für dieses Schreiben verantwortlich ist und es daher nicht dem als belangte Behörde bezeichneten Oberkirchenrat zugerechnet werden kann.
5. Da somit die nach außen ergangene Erledigung vom 13. Juni 2018 wesentliche Erfordernisse eines Bescheides nicht aufweist, liegt ein Nicht-Bescheid vor, der keine Rechtsfolgen nach sich ziehen konnte (vgl Revisionssenat R 4-6/2011).
Mangels Vorliegens eines Bescheides ist die Beschwerde daher zurückzuweisen.
Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos geworden.
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Wien, am 5. September 2018
Dr. Manfred Vogel e.h.
Präsident