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Kirchengericht:Revisionssenat der Evangelischen Kirche A. und H.B.
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:16.09.2015
Aktenzeichen:R7/2015
Rechtsgrundlage:§ 41 Abs 2 KVO
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Sonstiges (zB mangelnde Kompetenz des Revisionssenats; Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen)
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Leitsatz:

§ 41 Abs 2 zweiter Satz KVO ordnet einen Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung auf den Revisionssenat bei Säumigkeit des Evangelischen Oberkirchenrates nur im Falle des Vorliegens einer Berufung von Parteien an. Von diesem Fall abgesehen besteht keine Kompetenz des Revisionssenats zur Entscheidung im Fall einer Säumigkeit.
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Az: R7/2015
Der Revisionssenat der Evangelischen Kirche A. und H.B. in Österreich hat unter dem Vorsitz seines Präsidenten SPdOGH Dr. Manfred Vogel, der zum geistlichen Amt befähigten Mitglieder Mitglieder Pfarrer i.R. Mag. Beowulf Moser und Pfarrer i.R. Mag. Norbert Engele sowie der rechtskundigen Mitglieder SPdVwGH.i.R. Dr. Ilona Giendl und Präsident des LG i.R. Dr. Hans-Peter Kirchgatterer über den Antrag der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. *****, vertreten durch Pfarrer Mag. *****, *****, *****, der Revisionssenat möge anstelle des säumigen Evangelischen Oberkirchenrates A.B.
betreffend Zustimmung zum Austritt der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. ***** aus dem Evangelischen Pfarrgemeindeverbands A.B. Wien entscheiden, den
Beschluss
gefasst:
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Der Antrag wird zurückgewiesen.
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B e g r ü n d u n g :

I.
Die antragstellende Gemeinde ist seit einigen Jahren bemüht, die Zustimmung des Evangelischen Oberkirchenrates A.B. zum Austritt aus dem Evangelischen Pfarrgemeindeverbands A.B. Wien zu erlangen; die Evangelische Pfarrgemeinde möchte eine eigene Kirchenbeitragsstelle errichten und selbst den Kirchenbeitrag einheben.
Der Evangelische Oberkirchenrat A.B. hat mit Bescheid vom 4.7.2013, GD 407; 1571/2013 die Zustimmung verweigert. Er hat Zweifel an der Fähigkeit der Antragstellerin, den Kirchenbeitrag selbst ordnungsgemäß und professionell einzuheben, dargelegt.
In seiner Sitzung am 16.12.2014 hat das Presbyterium der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. ***** (neuerlich) einstimmig den Beschluss gefasst, den Evangelischen Pfarrgemeindeverband A.B. Wien zu verlassen und für die Kirchenbeitragseinhebung mit 1.1.2016 eine eigene Kirchenbeitragsstelle zu errichten. Im Ansuchen vom selben Tag um Zustimmung des Evangelischen Oberkirchenrates A.B. wurde darauf hingewiesen, dass das Kirchenbeitragsaufkommen wieder rückläufig sei, die die Gemeinde betreuende Kirchenbeitragsbeauftragte sei zum Unmut der Gemeindemitglieder in diesem Jahr schon zum dritten Mal gewechselt worden; der Gemeinde stehe eine geeignete Kirchenbeitragsbeauftragte zur Verfügung.
Dieses Ansuchen ist auf dem Dienstweg über die Evangelische Superintendentur A.B. Wien im Evangelischen Kirchenamt A.B. am 22.12.2014 eingelangt.
In ihrem Antrag vom 23.06.2015, eingelangt beim Revisionssenat am 29.06.2015 führte die Einschreiterin aus, der Evangelische Oberkirchenrat A.B. habe innerhalb des vorgeschriebenen Zeitraumes (§ 41 Abs 1 KVO) keinen Bescheid erlassen. Es gehe daher gemäß § 41 Abs 2 leg cit die Zuständigkeit der Entscheidung an den Revisionssenat über, der die erforderliche Zustimmung zum Verbandsaustritt erteilen möge.
Der Evangelische Oberkirchenrat A.B. beantragte in seiner Stellungnahme vom 31.07.2015, ergänzt am 04.08.2015, die Zurückweisung des Antrags, in eventu die Abweisung.
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II.
Gemäß § 41 Abs 1 KVO sind alle zur Entscheidung berufenen Organe verpflichtet, über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlagen den Bescheid zu erlassen.
§ 41 Abs 2 KVO lautet:
„Wird der Bescheid der Partei nicht innerhalb dieser Frist zugestellt, so geht auf ihren schriftlichen Antrag die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberinstanz über. Im Falle von Berufungen von Parteien nach § 41 Abs 1 geht im Falle einer Säumigkeit des Oberkirchenrates die Zuständigkeit zur Entscheidung an den Revisionssenat über.“
Die antragstellende Gemeinde hat den Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht unter Einhaltung der Frist des § 41 Abs 1 KVO gestellt.
Im vorliegenden Fall hatte der Evangelische Oberkirchenrat A.B. nicht über eine Berufung zu entscheiden, er war vielmehr in erster Instanz zur Entscheidung über die beantragte Zustimmung zuständig. Der Wortlaut des § 41 Abs 2 zweiter Satz KVO ist eindeutig. Er lässt keinen Zweifel darüber zu, dass der kirchliche Gesetzgeber einen Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung auf den Revisionssenat bei Säumigkeit des Evangelischen Oberkirchenrates nur im Falle des Vorliegens einer Berufung von Parteien anordnet. Eine solche liegt hier nicht vor.
Die Regelung des § 41 Abs 2 zweiter Satz KVO steht auch im Einklang mit der Kirchenverfassung. Gemäß Art 119 Abs 1 Z 8 KV entscheidet der Revisionssenat über die Verletzung der Entscheidungspflicht kirchlicher Stellen nach Erschöpfung des allfälligen Instanzenzuges, sofern die Verzögerung nicht vom Antragsteller zu verantworten ist. Art 121 Abs 1 Z 4 KV nennt als Antragslegitimation in den Fällen des Art 119 Abs 1 Z 8 die Bescheidadressaten. Die Regelung des § 41 Abs 2 2 Satz KVO findet somit Deckung in Art 121 Abs 1 Z 4 KV, da mangels Vorliegens eines zu bekämpfenden Bescheides auch keine Bescheidadressaten gemäß Art 119 Abs 1 Z 8 KV antragslegitimiert sein könnten.
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Der Antrag der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. ***** war daher mangels Rechtsgrundlage zurückzuweisen.
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Wien, am 16. September 2015
Dr. Manfred Vogel e.h.
Präsident