.

Richtlinien, die gemeinsame Trauung
und Mischehenseelsorge betreffend
inkl. Verlautbarung zu den Richtlinien, die gemeinsame
Trauung und Mischehenseelsorge betreffend

Vom 5. Juli 1974

ABl. Nr. 82/1974

#

I.

Die Österreichische Bischofskonferenz und der Evangelische Oberkirchenrat A. u. H. B. haben die Ergebnisse der Gemischten katholischevangelischen Kommission vom 2. Mai 1973, die gemeinsame Trauung betreffend, zur Kenntnis genommen und geben folgende Richtlinien für die gemeinsame Trauung bekannt:
#

Richtlinien, die gemeinsame Trauung betreffend

  1. Die Trauung eines konfessionsverschiedenen Paares erfolgt grundsätzlich nach dem Ritus bzw. nach der Ordnung jener Kirche (Konfession), nach welcher die Trauung gewünscht wird. Diese Regelung gilt auch dann, wenn ein konfessionsverschiedenes Paar im Sinne von Punkt 5 b und c der Ausführungsbestimmungen der Österreichischen Bischofskonferenz zum Motu proprio „Matrimonia mixta“ die Beteiligung eines Geistlichen der anderen Konfession wünscht.
  2. In diesem Fall sind jenem Geistlichen, der nach der genannten Ordnung die Trauung vornimmt, folgende Teile des Trauungsritus vorbehalten: Die Begrüßung, die Trauungsfragen (Konsenserklärung), die Ringübergabe und das Segensgebet zur Entlassung.
  3. Alle anderen Teile des Trauungsgottesdienstes können nach freier Vereinbarung von dem Geistlichen der einen oder anderen Kirche übernommen werden, wobei jedoch Verdoppelungen (z. B. zwei Predigten) zu vermeiden sind.
#

II.

Die Österreichische Bischofskonferenz und der Evangelische Oberkirchenrat A. u. H. B. haben desgleichen den „Richtlinien“ zur Zusammenarbeit in der Seelsorge an konfessionsverschiedenen Ehen und Familien zugestimmt und geben hiermit den Wortlaut dieser Richtlinien bekannt:
#

Richtlinien der Österreichischen Bischofskonferenz und der
Evangelischen Kirche in Österreich zur Zusammenarbeit
in der Seelsorge an konfessionsverschiedenen Ehen und Familien

„Ehe und Familie sind ein Teil des großen Schöpfungsplanes, nach dem Gott den Menschen als Mann und Frau erschaffen hat. Kennzeichen der christlichen Ehe, die Abbild der Liebe und Treue Christi zu seiner Kirche sein soll, ist der unbedingte Wille von Mann und Frau zur bleibenden Liebes- und Lebensgemeinschaft. Darum ist die gemeinsame Glaubensüberzeugung der Eheleute von entscheidender Bedeutung für den Aufbau der harmonischen Gatten- und Familiengemeinschaft. Haben nämlich die Ehepartner voneinander abweichende Glaubensüberzeugungen, so werden sie oft auch in tiefsten Lebensfragen verschiedener Auffassung sein. Diese Kluft kann dann besonders stark empfunden werden, wenn beide Ehegatten von der Wahrheit ihres religiösen Bekenntnisses überzeugt sind. Bei religiös weniger gefestigten Eheleuten fördert die Bekenntnisverschiedenheit die religiöse Lauheit und den religiösen Indifferentismus. Außerdem erschwert sie die religiöse Erziehung der Kinder und lässt in der Familie kaum eine echte Religiösität aufkommen. Darum legen die katholische und die evangelische Kirche der bekenntnisverschiedenen Ehe gegenüber eine gewisse Zurückhaltung an den Tag.
Beide Kirchen müssen sich also bemühen, den bekenntnisverschiedenen Ehegatten wirksam zu helfen, ihr Ehe- und Familienleben so zu gestalten, dass die glaubensmäßig gegebenen Schwierigkeiten nicht zu unerträglichen Spannungen oder zur Entmutigung führen. Eine solche Seelsorge an bekenntnisverschiedenen Ehen und Familien verlangt einen besonderen Dienst, den die katholische und evangelische Kirche gemeinsam als Verwirklichung einer echten ökumenischen Gesinnung leisten müssen. Diese gemeinsame Seelsorge ist durch die Neuregelung der Mischehenordnung besonders notwendig geworden, weil jetzt die persönliche Gewissensverantwortung der bekenntnisverschiedenen Ehegatten unmittelbar angesprochen ist.
#

1.
Vorbereitung auf die Ehe

Die Zusammenarbeit in der Seelsorge an konfessionsverschiedenen Ehen muss schon bei der Ehevorbereitung einsetzen. Bei Brautleutetagen, Verlobtenabenden, Eheseminaren und ähnlichen Veranstaltungen der unmittelbaren Ehevorbereitung sind Fragen der bekenntnisverschiedenen Paare, wie etwa besondere Belastungen einer solchen Ehe, aber auch Möglichkeiten einer christlichen Lebensführung auf der Basis des gemeinsamen Glaubens zu berücksichtigen.
Im Brautgespräch sollen die christliche Botschaft von der Ehe, wie sie von beiden Kirchen verkündet wird, dargelegt und klare Informationen über die sich daraus ergebende rechtliche Ordnung dargeboten werden, damit das Verantwortungsbewusstsein für die Gewissensentscheidung des Partners geweckt wird. Die Kirchenleitungen werden diesbezüglich Grundlagen anbieten.
Ein solches Brautgespräch mit dem bekenntnisverschiedenen Paar sollte nach Möglichkeit von den Seelsorgern beider Kirchen gemeinsam oder getrennt geführt werden.
In den meisten Fällen wird sich das bekenntnisverschiedene Brautpaar nur beim Seelsorger einer der beiden Kirchen zum Brautunterricht und zur Trauung anmelden. Darüber soll aber der zuständige Seelsorger der anderen Kirche im Einverständnis mit den Brautleuten informiert werden, damit das bekenntnisverschiedene Brautpaar eingeladen werden kann, auch mit diesem Seelsorger zu sprechen.
Im Falle eines Gewissenskonfliktes zwischen den Brautleuten sollen sich die Seelsorger beider Kirchen in größtmöglicher Zusammenarbeit bemühen, dem bekenntnisverschiedenen Paar bei der Klärung ihrer Gewissensbedenken zu helfen und eine Lösung zu finden, die den Glauben und die Gewissensfreiheit beider respektiert.
#

2.
Gemeinsamer Dienst an den bekenntnisverschiedenen Ehen und Familien

Die Seelsorger beider Kirchen sollen den bekenntnisverschiedenen Eheleuten helfen, in ökumenischem Geist die gemeinsamen christlichen Werte zu erkennen und zu pflegen, ohne dabei die Unterschiede der Konfession außer Acht zu lassen. In einem solchen Glaubensverständnis können nämlich die bekenntnisverschiedenen Ehepartner eine gegenseitige Ergänzung und Vertiefung im religiösen Leben finden.
Eine weitere wichtige Aufgabe, welche die Seelsorger beider Kirchen in brüderlicher Zusammenarbeit leisten sollen, besteht darin, den bekenntnisverschiedenen Eltern bei der Lösung der Probleme der Taufe und der Erziehung ihrer Kinder zu helfen. Der zuständige katholische oder evangelische Geistliche soll sich bemühen, zusammen mit den Eltern die Taufe der Kinder vorzubereiten, mit ihnen über die rechte Haltung in der religiösen Erziehung ihrer Kinder zu sprechen und die Eltern anzuleiten, sich jeder Herabsetzung der anderen Konfession zu enthalten.
#

3.
Eingliederung der bekenntnisverschiedenen Eheleute in das kirchliche Leben

Die Seelsorger beider Kirchen sollen den bekenntnisverschiedenen Eheleuten helfen, dass jeder von ihnen soweit als möglich am Leben der eigenen Kirche teilnehmen kann. Darüber hinaus sollte sich aber ihre religiöse Lebensgemeinschaft in der Gemeinschaft des Gebetes und der Schriftlesung im Familienkreis bekunden und vertiefen. Die harmonische Gattengemeinschaft einer bekenntnisverschiedenen Ehe hängt ja weithin davon ab, dass jeder der beiden Ehegatten bestrebt ist, das geistliche Leben seines Partners in seinen wesentlichen Punkten kennen zu lernen und nach Möglichkeit mit ihm zu teilen.
Die bekenntnisverschiedenen Ehegatten sollen in der Regel am Gottesdienst ihrer eigenen Kirche teilnehmen, doch ist die gelegentliche gemeinsame Teilnahme am gottesdienstlichen Leben jeder der beiden Kirchen gemäß deren Ordnungen und an ökumenischen Gottesdiensten möglich.
#

4.
Gruppenarbeit

Erfahrungsgemäß bedeutet es für bekenntnisverschiedene Eheleute eine Hilfe, wenn sie in sogenannten ‚Mischehen-Kreisen‘ ihre Schwierigkeiten und Erfahrungen miteinander teilen und Anregungen und Ratschläge qualifizierter Seelsorger beider Kirchen erhalten können. Die Zusammenkünfte solcher Kreise bekenntnisverschiedener Ehepaare könnten als regelmäßige, z. B. monatliche Begegnungen oder als Wochenendtagungen geplant werden.
Bei den Zusammenkünften der Mischehenkreise soll auch das Gemeinsame betont werden: z. B. Sinn und Aufgabe des Gebetes im christlichen Leben, gemeinsames Hören des Gotteswortes usw. Bei der Behandlung von Ehefragen muss man beachten, dass nicht alle Schwierigkeiten des Ehe- und Familienlebens auf die Bekenntnisverschiedenheit, sondern sehr oft auf andere Faktoren des gemeinsamen Lebens zurückzuführen sind.
#

5.
Qualifizierung für den gemeinsamen Dienst an bekenntnisverschiedenen Ehen

Der Dienst an bekenntnisverschiedenen Ehen und Familien verlangt von den Seelsorgern beider Kirchen eine besondere Qualifizierung, Sie müssen offen sein für den ökumenischen Dialog und sich eine genaue Kenntnis der Lehre und der rechtlichen Ordnung beider Kirchen mit ihren möglichen Auswirkungen auf das Empfinden und die Mentalität der Angehörigen dieser Kirchen erwerben. Die Seelsorger an bekenntnisverschiedenen Ehen und Familien sollen außerdem mit psychologischem Einfühlungsvermögen die konkrete geistliche Situation erfassen, in der die bekenntnisverschiedenen Paare leben, und auf Grund dieser Kenntnis überlegen, wo und wie ein seelsorgerlicher Dienst geleistet werden kann. Weiters sollen die Seelsorger beider Kirchen einander mit brüderlichem Vertrauen begegnen, um die für die gemeinsame Seelsorge an bekenntnisverschiedenen Ehen und Familien nötige Zusammenarbeit leisten zu können.
Diese Qualifizierung soll den Geistlichen beider Kirchen während ihres Studiums, in der pastoralen Fortbildung und nach Möglichkeit in gemeinsamen Arbeitskreisen vermittelt warden. In jeder Diözese bzw. im Bereiche jeder Superintendenz sollten wenigstens einige qualifizierte Geistliche beider Kirchen für die gemeinsame Seelsorge an bekenntnisverschiedenen Ehen und Familien zur Verfügung stehen.“
Wien, am 26. April 1974
Jac. Weinbacher e. h.
Bischof Oskar Sakrausky e. h.
für das Sekretariat
für den
der Bischofskonferenz
Oberkirchenrat A. u. H. B.
##

Verlautbarung zu den Richtlinien,
die gemeinsame Trauung und Mischehenseelsorge betreffend

Aus gegebenem Anlass wird im Zusammenhang mit den vom Evangelischen Oberkirchenrat A. u. H. B. und der Römisch-katholischen Bischofskonferenz gemeinsam veröffentlichten „Richtlinien, die gemeinsame Trauung und Mischehenseelsorge betreffend“ (Amtsblatt vom 28. Juni 1974, Nr. 82) folgende Erläuterung zu diesen verlautbart:
  1. Haben sich die Brautleute für die evangelische Trauung unter Mitwirkung eines römisch-katholischen Geistlichen entschieden, dann muss der römisch-katholische Ehepartner bei dem für ihn zuständigen römisch-katholischen Pfarramt nicht nur um die Dispens vom Ehehindernis der Konfessionsverschiedenheit ansuchen, sondern auch um die — von seinem Ortsordinarius (Bischof) zu erteilende — Dispens von der Formpflicht (vergleiche: „Handreichung zum Verständnis konfessionsverschiedener Trauungen“, Seiten 2 und 14). Hat er die Dispens erhalten und der katholische Geistliche seine Teilnahme zugesagt, übernimmt der evangelische Pfarrer die Begrüßung, auch dann, wenn die Trauung in einer katholischen Kirche durchgeführt wird. In dieser Begrüßung ist darauf hinzuweisen, dass es sich um eine evangelische Trauung handelt, bei der mit Rücksicht auf das Bekenntnis des einen Teiles ein römisch-katholischer Seelsorger mitwirkt. In diesem Fall sind dem evangelischen Pfarrer außerdem die Trauungsfragen (Konsenserklärung), die Ringübergabe und das Segensgebet zur Entlassung vorbehalten. Alle anderen Teile des Trauungsgottesdienstes können nach freier Vereinbarung von dem einen oder anderen Geistlichen übernommen werden, wobei jedoch Verdoppelungen, z. B. zwei Predigten oder doppelte Einsegnung des Brautpaares, zu vermeiden sind. Vorherige genaue Absprache mit dem römisch-katholischen Pfarrer ist unerlässlich.
    Der römisch-katholische Ehepartner ist daran zu erinnern, dass er ehestens den evangelischen Trauschein dem römisch-katholischen Pfarramt vorzulegen hat, denn zum Nachweis einer solchen Trauung im Bereiche der römisch-katholischen Kirche ist auch die Eintragung in die römischkatholische Trauungsmatrikel notwendig.
  2. Haben sich die Brautleute für die römisch-katholische Trauung unter Mitwirkung eines evangelischen Pfarrers entschieden, dann ist die Einholung der Dispens von der Formpflicht nicht notwendig. Der katholische Geistliche übernimmt die Begrüßung (auch wenn die Trauung in einer evangelischen Kirche stattfindet), die Trauungsfragen (Konsenserklärung), die Ringübergabe und das Segensgebet zur Entlassung. Alles Weitere ist auch in diesem Fall nach freier Übereinkunft zu regeln; auf die Vermeidung von Verdoppelungen ist zu achten.
    Der evangelische Pfarrer bedarf zu seiner Mitwirkung, falls der evangelische Teil nicht seiner eigenen Gemeinde angehört, der Ermächtigung des für diesen Ehegatten zuständigen evangelischen Pfarramtes und übermittelt nach der Trauung demselben die für die Richtigstellung der Kartei notwendigen Daten von Braut und Bräutigam. In beiden Fällen ist die Bezeichnung „Ökumenische Trauung“ zu unterlassen.
  3. Wenn die Dispens vom Ehehindernis der Konfessionsverschiedenheit und die Dispens von der Formpflicht eingeholt wurden, wird die Ehe eines konfessionsverschiedenen Paares auch dann von der römisch-katholischen Kirche als gültig anerkannt, wenn die Trauung der evangelische Seelsorger allein vorgenommen hat. Eine Mitwirkung des römisch-katholischen Priesters ist in diesem Fall also nicht notwendig.
    Nachdrücklich sei darauf hingewiesen, dass in keinem Fall der evangelische Partner irgendeine mündliche oder schriftliche Verpflichtung zur römisch-katholischen Kindererziehung abgeben darf und auch von dem römisch-katholischen Teil keine andere Erklärung zu leisten ist als die in den Ausführungsbestimmungen der Österreichischen Bischofskonferenz zum Motu proprio „Matrimonia mixta“ vorgesehene (siehe Handreichung, Seiten 6 und 7). Sollten von Seiten eines römisch-katholischen Pfarramtes noch die alten „Reverse“ zur Unterschrift vorgelegt werden, so kann dies nur darauf beruhen, dass der betreffende römischkatholische Seelsorger die neuen Bestimmungen noch nicht zur Kenntnis genommen hat. In diesem Fall darf der evangelische Pfarrer nicht an dieser römisch-katholischen Trauung mitwirken.
    Bei Trauungen eines evangelischen Gemeindegliedes mit einem römischkatholischen Ehepartner durch den evangelischen Pfarrer bei Dispens von der Formpflicht oder bei Mitwirkung eines römisch-katholischen Pfarrers ist von dem zuständigen evangelischen Pfarramt umgehend ein „Ex-offo-Schein“ an das römisch-katholische Wohnpfarramt des römisch-katholischen Ehepartners zu übersenden.