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Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern – Vereinbarung über wechselseitige Vertretungen

Vom 16. Februar 2006

ABl. Nr. 66/2006, 145/2006

Die Evangelische Kirche A. B. hat am 16. Feber 2006 nachstehende Vereinbarung mit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern geschlossen:
Vereinbarung über wechselseitige Vertretungen
zwischen
der Evangelischen Kirche A. B. (Evangelisch Lutherischen Kirche) in Österreich,
vertreten durch den Evangelischen Oberkirchenrat A. B.,
und
der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern,
vertreten durch den Landesbischof.
Die Evangelische Kirche A. B. (Evangelisch Lutherische Kirche) in Österreich, vertreten durch den Oberkirchenrat A. B., und die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern, vertreten durch den Landesbischof, stellen übereinstimmend Folgendes fest:
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1.

Als Kirchen evangelisch-lutherischen Bekenntnisses, als Mitgliedskirchen des Lutherischen Weltbundes und als Signatarkirchen der Leuenberger Konkordie (48. und 70.) wissen beide sich in besonderer Weise verbunden und stehen in voller Kirchengemeinschaft. Für beide gilt demnach die Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft und die gegenseitige Anerkennung der Ordination.
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2.

Pfarrerinnen und Pfarrer, die die Voraussetzungen für den Dienst in der jeweils anderen Kirche erfüllen, können mit Zustimmung ihrer Dienstvorgesetzten bzw. auf deren Weisung zu vertretungsweisen Diensten in Gemeinden der anderen Kirche berechtigt bzw. verpflichtet werden. Dabei sind die dafür geltenden Regelungen einzuhalten.
Art und Umfang der Vertretung sind nach Möglichkeit vorher schriftlich festzuhalten. Für den Fall länger dauernder Vertretung ist dazu die Genehmigung der zuständigen Kirchenleitung einzuholen.
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3.

Beide Kirchen stellen weiters die Gleichwertigkeit der jeweils für den Religionsunterricht erforderlichen Ausbildungen und Prüfungen fest und werden gegenüber staatlichen Behörden erforderliche Ermächtigungen bzw. Bevollmächtigungen erklären. Der Religionsunterricht ist nach den von der Kirche des Ortes festgelegten inhaltlichen und didaktischen Regelungen zu halten.
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4.

Beide Kirchen stellen ferner die Gleichwertigkeit von Ausbildung und Berufung von kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zum Prädikantendienst gemäß dem Prädikantengesetz der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern bzw. dem Lektorendienst gemäß §§ 6 und 7 der Lektorenordnung der Evangelischen Kirche A. B. in Österreich fest. Für vertretungsweise Dienste in der jeweils anderen Kirche gelten die dafür festgelegten Voraussetzungen.
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5.

Jede der beiden Kirchen erklärt ausdrücklich ihre Bereitschaft, auf gleiche Weise wie in Punkt 2. festgehalten, der jeweils anderen Kirche entsprechend qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch für andere Dienste zu benennen und sieht darin ein weiteres Zeichen für nachbarschaftliche Kooperation und Verantwortung.
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6.

Für den Fall, dass aus dem Dienst von Amtsträgerinnen und Amtsträgern, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ihrer Kirche in der anderen Kirche gegen diese Forderungen geltend gemacht werden sollten, erklären beide Kirchen ausdrücklich ihre Absicht, einander schad- und klaglos zu halten und für entsprechenden Rechtsbeistand zu sorgen.
Wien, den 15. Feber 2006
Evangelische Kirche A. B.
(Evangelisch Lutherische
Kirche) in Österreich
Evangelisch-Lutherische
Kirche in Bayern
Mag. Herwig Sturm
Bischof
Dr. Johannes Friedrich
Landesbischof
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Erläuterungen

Das Dokument spricht bewusst von einer Feststellung, die beide Kirchen übereinstimmend treffen. Damit soll ausgedrückt werden, dass es sich nicht um neues Recht bzw. neue vertragliche Regelungen handelt, sondern — lediglich! — um Auflistung bzw. Deklaration geltender Regelungen.
Zu 1.:
Hier ist zu den Aussagen im Grundartikel der Verfassung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (KVerf) die Tatsache annotiert, dass beide Kirchen die Leuenberger Konkordie unterzeichnet und damit die zwischen ihnen bereits aus der Bekenntnisidentität bestehende Gemeinschaft verstärkt haben.
Zu 2.:
Die Formulierung sichert einerseits die Einhaltung der kirchenrechtlichen Rahmenbedingungen mit dem Hinweis auf Zustimmungserfordernisse. Die allgemeine Formulierung in Satz 2 umfasst sowohl agendarische wie auch rein lokale Regelungen.
Zu 3.:
Nachdem für den Religionsunterricht die Gleichwertigkeit der formellen Erfordernisse evident ist, bleibt hier lediglich klarzustellen, dass dies gegebenenfalls auch gegenüber den staatlichen Behörden dokumentiert wird.
Zu 4.:
Für ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nach entsprechender Ausbildung und Prüfung befugt sind, im Gottesdienst frei zu predigen und das Abendmahl zu halten, entsprechen in der ELKB die für Prädikanten getroffenen Regelungen jenen in der EKÖ für Lektoren mit Ermächtigung zur eigenen Predigt (§ 6 LektO) und Reichung der Sakramente (§ 7 leg. cit.). Sowohl § 8 LektO wie auch § 6 PrädG lassen für den Einzelfall besondere Regelungen zu, womit der Rahmen für vertretungsweise Dienste in der einen wie der anderen Kirche existiert.
Zu 5.:
Die allgemeine Formulierung soll zur Kooperation auch für alle anderen Dienste ermutigen. Die Anführung einzelner Dienste würde einschränkend wirken, was keine der beiden Kirchen beabsichtigt.
Zu 6.:
Für Dienste, die in der und für die jeweils andere Kirche übernommen bzw. wahrgenommen werden, sind sowohl die kirchenrechtlichen wie die dienstrechtlichen und die zivilrechtlichen Rahmenbedingungen eindeutig und klar. Kirchenrechtlich gilt locus regit actum, die dienstrechtliche Absicherung ist durch Einbindung der jeweils Dienstvorgesetzten gesichert und die zivilrechtlichen Rahmenbedingungen sind seit der uneingeschränkt für beide Länder geltenden Freizügigkeitsbestimmungen der EU-Verträge klar und vielfach ausjudiziert.
Diese Bestimmung etabliert eine Beistandspflicht für beide Kirchen in den nicht mit letzter Sicherheit auszuschließenden Fällen, in denen gegen die eine oder die andere Kirche Forderungen geltend gemacht werden sowie mit der in Aussicht gestellten Schad- und Klaglosstellung eine Absicherung gegen Missbräuche.