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Verordnung über den Dienst als Lektorin oder Lektor

Vom 1. Jänner 2006

ABl. Nr. 256/2005, 196/2007, 12/2013, 204/2022

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§ 1
Allgemeine Bestimmungen

( 1 ) Mit der Berufung zur Lektorin oder zum Lektor übernimmt die Kirche die Verantwortung für eine sachgemäße Aus- und Weiterbildung zu diesem Dienst.
( 2 ) Unter persönlicher und fachlicher Eignung im Sinn von § 3 Abs. 3 Z. 2 Lektorenordnung (LO) ist zu verstehen, dass die zu berufende Person mit der Heiligen Schrift vertraut und im Gottesdienst der Evangelischen Kirche heimisch ist.
( 3 ) Der theologische Grundkurs (§ 4 Abs. 4 LO), der Voraussetzung zur Bestellung ist, hat mindestens 30 Stunden zu dauern und folgende Themenbereiche zu enthalten:
  1. Glaubenslehre (Dogmatik),
  2. Gottesdienstkunde (Grundlagen, Kirchenjahr, Predigtgottesdienst und Andachten, Gesangbuchkunde),
  3. Hauptdaten der Kirchengeschichte (Urkirche, Reformation, Toleranzzeit in Österreich, 20. Jahrhundert, Kirchenkunde),
  4. Bibelkunde und Auslegungsfragen (ausgewählte Teile des Alten Testamtents, Neues Testament-Zeitgeschichte, Einleitungsfragen zu neutestamentlichen Schriften).
( 4 ) Die Verpflichtungserklärung gemäß § 4 Abs. 1 Z. 3 LO hat folgenden Wortlaut:
„Ich, N.N. verspreche, meinen Dienst als Lektorin/Lektor im Aufsehen auf Jesus Christus, den alleinigen Herren der Kirche zu versehen. Ich will mitarbeiten, dass die Kirche in Verkündigung und Leben auf dem Grunde des Evangeliums gebaut werde, wie es in der Heiligen Schrift Alten und Neuen Testaments gegeben und in den Bekenntnisschriften der Evangelischen Kirche A.B. bezeugt ist. Ich will in diesem Dienst die kirchlichen Ordnungen gewissenhaft wahren und mithelfen, dass die Gemeinde in allen Stücken wachse an dem, der das Haupt ist, Christus.“
( 5 ) Die Einführung in den Dienst und die Einführung einer Lektorin oder eines Lektors, die oder der mit der Sakramentsspendung beauftragt wird (§ 7 Abs. 1 LO), erfolgt entsprechend der in ABl. Nr. 80/1993 dafür vorgesehenen Ordnung.
( 6 ) Auf Wunsch der Lektorin oder des Lektors besteht die Möglichkeit, ihr bzw. sein Amt ruhen zu lassen. Eine Wiederaufnahme des Dienstes bedarf der Zustimmung des Presbyteriums. Dieser Beschluss ist der Superintendentur und der Lektorenleiterin bzw. dem Lektorenleiter zu melden.
( 7 ) Wechselt eine Lektorin oder ein Lektor die Gemeinde, so erlischt die bisherige Bestellung. Wird sie oder er in der neuen Gemeinde wiederum zur Lektorin oder zum Lektor berufen und bestellt, so sind alle absolvierten Ausbildungen anzuerkennen.
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§ 2
Diözesane Fortbildungsveranstaltungen

Die diözesanen Fortbildungsveranstaltungen (§ 11 LO) haben vor allem folgende Themenbereiche zu behandeln:
  1. Vorbereitung auf den Dienst und Begleitung (für Anwärterinnen und Anwärter empfohlen),
  2. Bearbeitung von Lesepredigten,
  3. Einübung in die Liturgie verschiedener Gottesdienstformen einschließlich Kindergottesdienst und Gottesdienste in besonderen Situationen (z. B. Thomasmesse usw.) und Andachten,
  4. Gesangbuchpraxis,
  5. Bibelstunde,
  6. Aufbereitung von Hilfsmitteln/Internet,
  7. Besprechung aktueller kirchlicher Fragen.
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§ 3
Weiterführende Ausbildung

( 1 ) Voraussetzungen für eine weiterführende Ausbildung gemäß Abs. 4, 5 und 6 sind eine mindestens dreijährige Tätigkeit als Lektorin bzw. Lektor und die Absolvierung eines theologischen Aufbaukurses nach Abs. 3 oder eine Ausbildung gemäß § 14 LO.
( 2 ) Die Anmeldung hat durch das Presbyterium zu erfolgen.
( 3 ) Der theologische Aufbaukurs hat folgende Themen zu behandeln:
  1. Bekenntniskunde im ökumenischen Horizont (Vom Apostolikum zur Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa),
  2. Sakramentenlehre (biblisch – konfessionell – ökumenisch),
  3. Einführung in das evangelische Kirchenrecht,
  4. Gottesdienstkunde (Abendmahls- und Taufgottesdienst, Kirchenmusik).
( 4 ) Für die Vorbereitung von Lektorinnen und Lektoren, die mit dem Vortrag selbstverfasster Predigten betraut werden sollen, ist ein Homiletischer Kurs einzurichten. Er hat folgende Themenbereiche zu behandeln:
  1. Bibelauslegung und Erarbeitung von Predigten (Hausarbeiten),
  2. Vortrag der Predigt,
  3. Analyse von Predigten.
Der Homiletikkurs ist in drei Seminaren abzuhalten und wird von der gesamtösterreichischen Lektorenleiterin bzw. dem gesamtösterreichischen Lektorenleiter und der Rektorin bzw. dem Rektor des Predigerseminares geleitet.
( 5 ) Für die Vorbereitung der Lektorinnen und Lektoren, denen das Recht auf Leitung der Abendmahlsfeier (§ 7 Abs. 1 LO) zu übertragen beabsichtigt ist, ist ein mehrtägiger Abendmahlskurs abzuhalten, welcher in der Verantwortung der gesamtösterreichischen Lektorenleiterin bzw. des gesamtösterreichischen Lektorenleiters liegt. Dieser Kurs hat folgende Themen zu behandeln:
  1. Heiliges Abendmahl und Beichte,
  2. Liturgische Ordnung und deren praktische Übung,
  3. Rechtsfragen in Zusammenhang mit dem öffentlichen Dienst der Verkündigung und der Sakramentsverwaltung,
  4. Einführung in ökumenische Fragen.
( 6 ) Nach Bedarf ist ein eigenes Taufseminar anzubieten, in dem das evangelische Taufverständnis erklärt wird und in dem die in Abs. 5 lit. b bis d angegebenen Inhalte in Bezug auf die Taufe vermittelt werden.
( 7 ) Ein eigenes „Kasualseminar“ (für Hochzeit oder Bestattung – einschließlich seelsorgerlicher Fragen) ist nach Bedarf einzurichten. Dieser Kurs kann nur nach Absolvierung des Homiletikkurses besucht werden.
( 8 ) Auf Antrag der zuständigen kirchlichen Dienststelle kann der Oberkirchenrat A.B. in begründeten Fällen, wie Vorbildung oder Bewährung in der bisherigen Tätigkeit, von der Erfüllung einzelner in § 3 genannten Voraussetzungen Dispens erteilen.
( 9 ) Eine Beauftragung zur Spendung der Sakramente und zur Durchführung von Kasualien spricht das Presbyterium aus; die Ermächtigung erfolgt durch die Superintendentin bzw. den Superintendenten nach Rücksprache mit der diözesanen Lektorenleiterin bzw. dem diözesanen Lektorenleiter.
( 10 ) Absolventinnen und Absolventen gemäß § 14 LO, die einen Kurs gemäß Abs. 4 bis 7 absolviert haben, können zu Lektorinnen bzw. Lektoren mit freier Predigt, Sakramentsverwaltung und Durchführung von Kasualien bestellt werden.
( 11 ) Zur besonderen Weiterbildung können eigene Tagungen stattfinden (Lektorenkolleg).
( 12 ) In der Regel werden die Lektorinnen und Lektoren alle zwei Jahre von der Bischöfin bzw. vom Bischof zu einer gesamtösterreichischen Lektorentagung eingeladen.
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§ 4
Kostenersatz

( 1 ) Lektorinnen und Lektoren haben gegenüber der Gemeinde, in der sie Dienst tun, folgende Ansprüche:
  1. Ersatz der ihnen in Ausübung ihres Dienstes erwachsenen Kosten,
  2. Beistellung von Lesepredigten und von Hilfsmitteln für den Gottesdienst,
  3. einen Lektorentalar.
( 2 ) Fahrtkosten für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen trägt die Pfarrgemeinde, in der die Lektorin oder der Lektor Dienst tut.
( 3 ) Für die Teilnahme an der gesamtösterreichischen Lektorentagung hat die entsendende Gemeinde einen Tagungsbeitrag zu leisten. Die Fahrtkosten trägt die Kirche A.B.
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§ 5
Übergemeindlliche Dienste

( 1 ) Personen, die einen übergemeindlichen Dienst in Krankenanstalten, Alten- und Pflegeheimen oder ähnlichen Einrichtungen oder in Werken und evangelisch-kirchlichen Gemeinschaften versehen, können vom zuständigen Superintendentialausschuss gemäß § 3 Abs. 2 LO zu Lektorinnen und Lektoren bestellt werden.
( 2 ) Hierzu hat die Dienststelle, bei der die Lektorin oder der Lektor den Dienst versehen soll, über die diözesane Lektorenleiterin bzw. den diözesanen Lektorenleiter einen Antrag auf Bestellung an den zuständigen Superintendentialausschuss zu stellen.
( 3 ) Die Lektorenordnung und diese Verordnung finden auf diese Personen Anwendung. Die entsprechenden Bestimmungen sind analog anzuwenden.
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§ 6
Militärlektorinnen und Militärlektoren

( 1 ) Lektorinnen und Lektoren im Militärdienst unterstehen der Lektorenordnung, dieser Verordnung und den einschlägigen militärischen Vorschriften (Soldatinnen und Soldaten des Aktiv-, Miliz- und Reservestandes).
( 2 ) Für hauptamtlich tätige Unteroffiziere als Pfarradjunkten in der Verwendung als Militärlektorinnen und Militärlektoren gilt insbesondere: Die Militärsuperintendentin bzw. der Militärsuperintendent beauftragt eine hauptamtliche oder Miliz-Militärperson als verantwortliche Pfarrerin bzw. verantwortlichen Pfarrer im Sinne von § 10 LO.
( 3 ) Die Vorbereitung auf den Dienst, die Aus- und Fortbildung der Militärlektorinnen und Militärlektoren hat auf die besonderen Erfordernisse des Dienstes im Österreichischen Bundesheer Rücksicht zu nehmen. Bereits erworbene kirchliche Ausbildungen sind anzuerkennen.
( 4 ) In alle Vorgänge, die Militärlektorinnen und Militärlektoren betreffen, ist die gesamtösterreichische Lektorenleiterin bzw. der gesamtösterreichische Lektorenleiter einzubeziehen.
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§ 7
Lektorenvertreterinnen und Lektorenvertreter

( 1 ) Die Wahl der Vertreterinnen und Vertreter (§ 13 Abs. 1 LO) muss aus dem Kreis der in der Superintendenz bestellten und bei der Wahl anwesenden Lektorinnen und Lektoren erfolgen. Die Wahl hat auf einer diözesanen Lektorentagung stattzufinden und ist mit der Einladung auszuschreiben. Die Wahl leitet die Superintendentialkuratorin bzw. der Superintendentialkurator oder die Superintendentin bzw. der Superintendent.
( 2 ) Der Superintendentialausschuss legt die Zahl der zu wählenden Vertreterinnen und Vertreter fest.
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§ 8
Ergänzende Bestimmungen

( 1 ) Personen, die das Amt einer Lektorin bzw. eines Lektors anstreben, sind von der amtsführenden Pfarrerin bzw. vom amtsführenden Pfarrer der diözesanen Lektorenleiterin bzw. dem diözesanen Lektorenleiter zu melden.
( 2 ) Für die Evidenzhaltung der personenbezogenen Daten der Anwärterinnen und Anwärter sowie der Lektorinnen und Lektoren sind die Superintendenturen in Zusammenwirken mit den Pfarrämtern und den Lektorenleiterinnen und Lektorenleitern verantwortlich. Es sind zu führen:
  • Name, Geburtsdatum, Adresse,
  • Dienst-Gemeinde(n),
  • Bestellungs- und Einführungsdaten,
  • absolvierte Kurse und Beauftragungen,
  • ausgestellte Urkunden.
( 3 ) Die Superintendenturen haben die Daten der Lektorinnen und Lektoren dem Kirchenamt zu melden.
( 4 ) Die Lektorenleiterinnen und Lektorenleiter haben eine Evidenz über die Teilnahme an Aus- und Weiterbildungsveranstaltungen und über die Kursteilnahme zu führen.
( 5 ) Die Leiterinnen und Leiter von Kursen nach § 1 Abs. 3 und § 3 stellen qualifizierte Teilnahmebestätigungen aus und melden die Teilnahme den Lektorenleiterinnen und Lektorenleitern sowie Superintendenturen.
( 6 ) Beauftragungen zur freien Predigt und zur Sakramentsspendung durch die Superintendentinnen und Superintendenten sind mit Namen, Gemeinde(n) und Datum dem Oberkirchenrat A.B. zu melden und werden im Amtsblatt veröffentlicht.
( 7 ) Die Lektorenleiterkonferenz hat die Lektorenarbeit zu begleiten und zu evaluieren.
( 8 ) Internationale Verbindungen zur Lektorenarbeit anderer Kirchen sind nach Entscheidungen der Lektorenleiterkonferenz im Einvernehmen mit dem Evangelischen Oberkirchenrat zu pflegen.